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So, nun erst mal zum Bergwochenende. War doch nicht so off-topic wie ich zunächst dachte.
Ursprünglich geplant war ein entspanntes Hüttenwochenende zu dritt (Syl, Jo und ich). Irgendwann wurde dann ein Kletterwochenende daraus (mit Syl, Jo, Tin Tin, Hubble und mir).
So fuhren wir also am Donnerstag Abend los und erreichten Syls Hütte im Zillertal so gegen 22:00. Rein zufällig warteten da schon zwei Geschäftspartner Syls auf uns. Also doch irgendwas mit Business.
Das ganze lief ziemlich entspannt ab, Syl spielte Gitarre, ich trommelte auf dem Cajonito dazu und nebenbei tranken wir Schnaps. Welche Deals genau ausgehandelt wurden, bekam ich nicht so mit, denn da „Büro“ war die Terrasse vor der Hütte. Es war aber wohl irgendwie so, dass die Geschäftspartner motorbetriebene Leichtflugzeuge herstellen (der neuste Trend im Outdoor-Sektor) und das Problem hatten, dass einer der Motoren aus unerfindlichen Gründen explodiert ist.
Ein Schreckensszenario.
Die Geschäftspartner (Head of Sales und Head of Research and Development) eilten also ins abgelegene Zillertal, um den Unfallhergang zu rekonstruieren. Da beide allerdings Amerikaner sind, war die Sprachbarriere unüberwindbar. Syl klärte das ganze schließlich und es stellte sich heraus, dass wohl irgendein Elektro-Technik Ingenieur für die Explosion verantwortlich war: Der Mann hatte sich einen E-Gleiter gekauft und an allen Ecken und Enden aufgemotzt. Als er sich selbst ein Schnellladegerät für die Akkus baute und dies anklemmte, dauerte es nicht lang, und die sensiblen Hochleistungs-Akkus überhitzten und explodierten.
Syl konnte das ganze klären und gleich noch einen saftigen Deal abschließen, der irgendetwas mit den E-Gleitern zu tun hat. Anschließend wurde viel geprostet und Syl hatte ein glückliches Dauerlächeln im Gesicht.
Die Amerikaner verließen die Hütte kurz bevor Jo gegen 1:00 Uhr zu uns stieß.
Syl und Jo gingen noch kurz ins „Büro“, kamen wiederum strahlend zurück und jetzt begann Jo, zu trinken.
Das Ende des Abends: Tin Tin und Hubble waren schon lang im Bett (sie wollten am nächsten Tag zum Klettern gehen) und Syl, Jo und ich saßen bis 5:00 Uhr und machten „Hüttengaudi“ (=singen, trinken, essen).
Freitag.
Völlig verkatert gegen 9:00 Uhr gestartet. Ich wollte eigentlich keine schwierige Bergtour gehen, also beschlossen wir, auf einer nahe gelegene Hütte einzukehren und dort das Frühstück zu verlängern. Geistesgegenwärtig hatte ich noch 5 Bananen gepackt. Als Brotzeit. Ich gerate schnell in den Unterzucker.
Die Hütte war geschlossen, also ging’s weiter auf den Schafkopf (2.454m). Das war schon mal anstrengend, aber wir hatten genügend Pausen, denn Syl und Jo sollten eigentlich im Büro sein und hatten sich frei genommen, ohne jemandem bescheid zu sagen. Deshalb: regelmäßiges Handy-Telefonieren, unterlegt mit wildem Gestikulieren.
Da das Wetter eh nicht so gut war, hatten wir es nicht eilig.
Am Schafkopf angekommen, erst mal Pause im verlassenen Winterhotel. Coole Architektur. Das Wetter spielte sogar ein Bisschen mit (Tin Tin und Hubble hatten angeblich 5 Schön-Wetter-Fenster gebucht, hier war eines davon 😉 ).
Also ließen wir es uns gut gehen bei 5 Bananen und 1 Liter Wasser und aufklarenden Wetterverhältnissen.
Erkundungen der verlassenen Hotelanlagen zeigten z.B. ein Turmzimmer mit interessanter Innenarchitektur: Ein Bett, ein riesiges Panoramafenster und and er gegenüberligenden Wand ein Widescreen Fernseher. Das nenn ich minimalistisch. Die Außen-Treppe runter und unten auf die sehr private Sonnenterrasse: Eine Art in den Fels geschlagene Kanzel mit Platz für maximal 10 Personen. Nach Süden ausgerichtet, rustikale Kuhfelle als Rückenlehne.
Und dann ging’s los.
Gestärkt durch die Bananen und voll jugendlichem Leichtsinn beschlossen wir, auf den nächstgelegenen Gipfel zu klettern. Tin Tin und Hubble meinten, es seien nur 20 Minuten dorthin, leichter Anstieg.
Die 20 Minuten entpuppten sich als 2 Stunden un der leichte Anstieg war ein Klettern über einen felsigen Grat.
Immerhin wurden wir mit einem weiteren Schön-Wetter-Fenster belohnt. Tin Tin und Hubble passten immer schön auf mich auf und nahmen mich in die Mitte, um mich vor dem sicheren Tod zu bewahren.
Als wir dann den Gipfel namens Pangert (besser: Nanga Pangert 😉 ), mit 2550m erreichten, war das Schön-Wetter-Fenster allerdings schon wieder passé und wurde von eisiger Kälte und Wind ersetzt. Wind ja, kein Regen.
Zunächst freute ich mich noch, als ich im Juli Schnee in den Händen hielt. Als der Schnee dann von oben kam, durch Hagel, Graupel und schließlich Regen ersetzt wurde, hielt sich diese Freude dann doch in Grenzen.
Der Abstieg erfolgte im strömenden Regen.
An der Hütte angekommen, heizten wir ein, schoben den Schweinebraten in den Ofen und gingen – um die Zeit bis zum Essen zu überbrücken – in die Sauna.
Gegessen wurde der Schweinebraten – übrigens einer der besten, die ich je gegessen habe – mit einer Pfanne Bratkartoffeln als Beilage. Direkt aus der Pfanne. Das machen Männer so.
Anschließend: Betrunkenes Philosophieren bis 2:00. Das machen Männer auch so. Dann waren alle erledigt. Schließlich sollte am nächsten tag wirklich geklettert werden.
Samstag.
Überstürzter Aufbruch. Tin Tin, Hubble und Jo gingen tatsächlich zum Klettern. So richtig. Mit Seilen, Pickeln etc. mitten in der Wand.
Syl und ich blieben bei der Hütte und machten mit dem letzten Punkt des vorangegangenen Abends weiter.
Irgendwann fiel uns ein, dass wir Stranger Things have happened und Walk von den Foo Fighters nachspielen könnten. Da der CD-Player in der Hütte nicht richtig funktionierte, verlegten wir die Jam-Session ins Auto. Syl fuhr seinen Wagen an einen Abgrund, wir kurbelten die Sitze nach hinten, drehten den CD-Player auf und genossen bei einem (oder zwei) Bier den Ausblick.
Grandios.
Am Ende des Tages konnten wir tatsächlich unplugged Stranger Things have happened und Walk spielen.
Zum Abendessen: Kaiserschmarrn aus der Pfanne. 14 Eier, Mehl, Milch, 2 Gläser Apfelkompott einfach reinkippen, Zucker einfach drüberkippen, dazu noch Puderzucker nicht zu Knapp. Männeressen.
Abends: um 22:00 überstürzter Aufbruch von Jo, nach einem Anruf seiner Firma.
Den Sonntag verbrachten wir dann mit Chillen (Zillertal=Chillertal 😉 ) und mit der Heimfahrt – zu unseren Familien.
Was vom Tage übrig blieb?
ich bin bereits reich.
Banale Erkenntnis.
Sehr viel reicher kann ich nicht werden.
Ich habe alles, was ich brauche – und noch mehr.
aber…
So wie Tin Tin, Hubble und Jo aus Spiel und Sport klettern, habe ich mir ein anderes Spiel gesucht: 1 Million Euro.
Es geht tatsächlich nicht darum, um jeden Preis Millionär zu werden – sondern darum, zu sehen, ob ich es schaffen kann.
Dabei will ich nicht permanent daran arbeiten müssen (wie die Amerikanischen Gäste auf der Hütte) und dabei das Wesentliche vergessen. Ich will einfach nur spielen.
In seinem Buch Homo Ludens: Vom Ursprung der Kultur im Spiel hat der holländische Philosoph Johan Huizinga eine Theorie der Kultur entworfen, die dem denkenden Menschen (homo sapiens) und dem tätigen Menschen (homo faber) den spielenden Menschen (homo ludens) gegenüber stellt. Huizinga sieht das Spiel als grundlegendes Element unserer Kultur. Ohne die Lust am Spielen hätte sich unsere Kultur nicht zu dem entwickeln können, was sie ist – inklusive Dichtung, Wissenschaft, Kunst, Philosophie und Wirtschaft.
Ich bin ein Spieler.