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Vermeide harte Arbeit?

Kontostand:                            457,91

Ausgaben:                                00,00

Einnahmen:                            00,00

Verwendungszweck:             –

Habe das Vorwort von Fred Gratzon gelesen. Er schreibt:

  • Harte Arbeit ist nicht die Voraussetzung für Erfolg.
  • Im Gegenteil: Harte Arbeit hat nichts, aber rein gar nichts mit Erfolg zu tun.
  • Sollten harte Arbeit und Erfolg wider Erwarten einmal zusammenfallen, dann ist das purer Zufall und hat sicherlich nichts mit Ursache und Wirkung zu tun. (S. 16)

Oho.

Da will doch tatsächlich jemand meine ganze Motivation, Erfolg zu haben, untergraben. Die bisherigen Bücher – Biografien und Selbsthillfe-Bücher – sind alle davon ausgegangen, dass man unbedingt hart arbeiten muss, wenn man Erfolg haben will. Donald Trump hat das getan. Richard Branson auch. Sogar Napoleon Hill. Und wenn man Brian Tracys Veröffentlichungsliste ansieht, 569 Bücher haben sich nicht von allein paraphrasiert geschrieben.

Provokant, provokant.

Gratzon schreibt, dass harte Arbeit sogar umgekehrt proportional zum Erfolg ist. Der beste Weg zum Erfolg liegt darin, Arbeit zu vermeiden (S. 17).

Habe beschlossen, erst einmal nichts zu tun. Ich bin ja für alles offen. Wenn’s funktioniert.

Später. Bandprobe.

Hab doch was getan.

Die anderen scheinen nicht begeistert von meiner neuen Strategie.


Zombismus

Kontostand:                  437,91

Ausgaben:                     5,29

Einnahmen:                    00,00

Verwendungszweck:       Business Knigge

Business Knigge gekauft, gebraucht für 2,29€ plus 3€ Porto: Business-Knigge-die 100 wichtigsten Benimmregeln von Anke Quittschau und Christina Tabernig (Broschiert – 9. Juli 2007)

In Flight Plan erklärt Brian Tracy die Gesetze des Erfolgs. Diesmal anhand der Metapher eines Langstreckenfluges: Der erste Schritt ist, das Ziel zu bestimmen. Dann muss die Richtung festgelegt werden. Ziel: 1 Million Euro. Richtung?

„Auf einem Dampfer, der in die falsche Richtung fährt, kann man nicht sehr weit in die richtige Richtung gehen.“ – Michael Ende, Zettelkasten. Skizzen und Notizen, Weitbrecht Verlag, März 1994

Ziel ist klar. Richtung noch nicht. Brian Tracy sagt, dass man auf der Reise (hier mit dem Flugzeug, nicht mit dem Dampfer) zu 99% vom Kurs abkommt. Deshalb sind Kurskorrekturen unabdingbar. In leicht nachvollziehbaren Schritten (zwölf) beschreibt Brian Tracy, wie man das Ziel von Erfolg und Wohlstand erreicht.

Essenziell: Handeln und selbst die Kontrolle übernehmen.

Ich bin motiviert.

Ich kann es schaffen.

Später.

Orell, Syl, Lukas zu Besuch.

Erst Kickern (2 gegen 2).

Dann 15 Minuten lang langsam und bedächtig mit starrrem Blick vor dem Haus im Regen herum gegangen. Um die Nachbarn zu schocken.

Isi schaute vom Küchenfenster aus zu und schüttelte den Kopf.


Psychos’R’Us!

Kontostand:         -432,62

Ausgaben:                  75,00

Einnahmen:                00,00

Verwendungszweck:   Eintritt zum Motivationskongress

Wie fast immer auf meinem Weg kommt mir der Zufall zu Hilfe. In nicht allzu weiter Entfernung findet ein Motivations-Kongress statt. Motivation, so schreibt Lukas’ Bruder, ist einer der Kernfaktoren für jegliche Art von Erfolg. Ein anständiger Coach prüft also zunächst, ob ich tatsächlich motiviert genug bin, 1 Million Euro zu verdienen. Es erinnert ein wenig an den guten alten Napoleon Hill.

Ein Schock: Der Eintritt kostet 75€! Aber ich bin total motiviert und lasse mich davon nicht abhalten. Gutgekleidete Menschen (Männer in grauen Anzüge, Nadelstreifenanzüge, wenigen schwarzen Anzüge und Frauen in Business-Kleidern, Hosenanzügen und flachen Schuhen) strömen auf den Eingang der Kongresshalle zu und erwecken in mir sofort ein Gefühl der Dringlichkeit. Immer, wenn es Menschen um mich herum eilig haben, bekomme ich ein schlechtes Gewissen: Warum habe ich es nicht eilig? Ich sollte es doch auch eilig haben! Ich könnte etwas versäumen! Ich lasse mich anstecken von der allgemeinen Hetze, lasse überflüssige Höflichkeitsformeln außer acht („Ladies first“), quetsche mich zusammen mit anderen durch die Flügeltüren und stehe schon bald Ellbogen an Ellbogen an der Garderobe, um mein Sakko abzugeben. Erstes faux pas: Ich habe keinen Mantel. Der Mann neben mir im grauen Anzug und den braunen Schuhen (ich dachte immer „no brown after six“, es ist schon 19:45) rückt sich seine Krawatte zurecht und meint, er hätte seinen Mantel auch zu Hause lassen sollen, dann könnte er sich die 2€ Garderobe sparen. Ich spare mir das Geld tatsächlich, indem ich mein Sakko doch nicht abgebe sondern lediglich den untersten und den obersten Knopf aufmache. Das hat man so.

Memo an mich selbst: Unbedingt einen Business-Knigge lesen!

Ich gehe in die Vortragshalle, vorbei an einem Stand mit Merchandising. Wie bei einem Rock-Konzert. Nur gibt es hier anstatt von T-Shirts mit Bandlogo und der neusten CD hier Motivationsposter („Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.“ Demokrit; „Wer Erfolg haben will, darf keine Angst haben, Fehler zu machen.”; “Es kann mich niemand daran hindern, über Nacht klüger zu werden.“ Konrad Adenauer) und Bücher der großen Meister: Brian Tracy allen voran, auch Bodo Schäfer, und natürlich Napoleon Hill. Und Audio-CDs: Hörbücher der Bestseller für diejenigen, die eigentlich keine Zeit haben, zu lesen und CDs mit Motivations-Mantras zur Autosuggestion.

Als ich den Saal betrete, sind die meisten Stuhlreihen schon besetzt, der Kongress scheint so gut wie ausverkauft zu sein. Ich ergattere einen Platz seitlich in der Mitte und bin gespannt. Pünktlich um 20:00 Uhr, wie es das Plakat verspricht – man zollt dem Besucher Respekt, schließlich ist Zeit Geld („Meine Pünktlichkeit drückt aus, dass mir deine Zeit so wertvoll ist wie meine eigene.“) – geht das Licht aus und der Spot an. Es erscheint ein älterer, in Ehren ergrauter Mann in dunkelblauem Anzug mit gelb-schwarzer Krawatte.

Applaus.

Der Mann hat noch kein Wort gesagt. Salbungsvoll hebt er die Arme.

Standing Ovations.

Anscheinend habe ich etwas verpasst. Chinesischer Sekundenschlaf? Oder ist es meine Unwissenheit, die mich den Meister nicht erkennen lässt? Ich bin skeptisch – oder unmotiviert?

Gut, dass ich hier bin.

Und dann beginnt der Meister zu sprechen. Er spricht davon, wie leicht es ist, Erfolg zu haben, wenn man nur will. Gewinner wollen. Verlierer wollen nicht. Die Menschen Jubeln. Irgendwann zieht der Meister sein Sakko aus. Gewinner haben Selbstdisziplin und Ausdauer. Verlierer nicht. Gewinner haben ein positives Selbstbild. Verlierer nicht. Gewinner denken positiv. Verlierer nicht. Gewinner haben Visionen. Verlierer nicht. Der Meister krempelt die Ärmel hoch. Motivieren ist Schwerstarbeit. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn. In unregelmäßigen Intervallen jubelt die Menge frenetisch. Ich muss zugeben: Der Meister hat Charisma. Er schafft es tatsächlich, zu inspirieren, zu motivieren. Doch zu was? Er motiviert dazu, erfolgreich zu sein. Oder erfolgreich sein zu wollen. Am Ende bin ich tatsächlich motiviert. Ich will es schaffen. Unbedingt. „Gib niemals auf“, „Du kannst es schaffen“

Ich kann alles schaffen, was ich will.

Doch Wie? Wie? Wie?

Als ich an der Garderobe vorbei gehe, treffe ich den Mann im grauen Anzug wieder. „Toller Vortrag.“ Ich nicke zustimmen. Wir gehen alle noch auf ein Bier. Kommst du mit? Erst jetzt realisiere ich, dass ich umgeben bin von lauter Menschen, die sich kennen. In ihren Business-Outfits sehen sie alle annähernd gleich aus. Identisch. Oder zumindest sehr ähnlich. Sie nicken mir wiederum motivierend zu. Ich lehne höflich ab. Ihre Zeit ist mir nicht ganz so wertvoll wie meine eigene.

Zu Hause durchforste ich meine DVD-Sammlung und finde tatsächlich, was ich suche: Eine US-Import DVD von The Ray Bradbury Theatre aus dem Jahr 1985 mit einer Episode namens The Crowd: Joe Spellinger fährt spätnachts von einer Party nach Hause und hat einen Unfall. Nur wenige Sekunden später ist er von einer gaffenden Menschenmenge umgeben. Ein Krankenwagen bringt Joe ins Krankenhaus. Woher kam diese Menschenmenge um zwei Uhr nachts?

Als Joe sich mit seinem Kollegen trifft, werden sie Zeugen eines weiteren Autounfalls. Genau 21 Sekunden nach dem Unfall hat sich eine gaffende Menge um das Opfer versammelt. Joe erkennt einige Gesichter wieder – von seinem eigenen Unfall. Joe bittet Morgan, ihm Videoaufnahmen von Autounfällen zu besorgen und stellt fest, dass die Gesichter der gaffenden Menge immer dieselben sind. Gesichter von Opfern früherer Verkehrsunfälle.

Gruselig.


halb voll

Kontostand:                – 143,75

Ausgaben:                  00,00

Einnahmen:                00,00

Verwendungszweck:   –

Der Erste Mai, der Tag der Arbeit. Witzig, dass heute alle frei haben. Im Englischsprachigen Raum war der 1. Mai traditionell der moving day, an dem Wechsel im Beruf oder Wohnort durchgeführt wurden. Ein entscheidendes Datum also.

Wikipedia erklärt außerdem, dass die Arbeiter einer Chicagoer Fabrik im Jahre 1886 demonstrierten, weil sie mit den Arbeitsbedingungen – 12 Stunden-Tag bei 3$ – unzufrieden waren. Sie forderten einen 8 Stunden Tag bei höherer Bezahlung. Recht hatten Sie. Ich befürchte allerdings, wenn ich mein Ziel erreichen will, muss ich meine Taktzahl erhöhen.

Im Garten.

Ich sitze in der Sonne, surfe ziellos auf dem Laptop im Internet und behaupte, es sei Recherche für das Projekt.

Erkenntnis: Bereits nach vier Wochen schleicht sich das erste Motivationstief ein. Um dem entgegen zu wirken bestelle ich ein paar Bücher und recherchiere, was man gegen mangelnde Motivation tun kann.

Montagsblues oder TGIF (Thank God It’s Friday)-Phänomen scheinen sehr weit verbreitet. Ich schmökere in diesen Majority Reports. Hier wird gesprochen von Tagen, an denen der Weg zur Arbeit schwerer fällt als sonst, und was da die Stimmung heben kann. Eine Tasse Kaffee (ich hatte schon sieben heute). Die Lieblingsmusik (die Bob Marley Diskografie läuft rauf und runter). Small Talk mit Kollegen (Orell ist auf Dienstreise, bzw. in einer Besprechung. An sein Handy geht nur die Mailbox). Auf einer Internetseite lese ich nach, was ich tun kann, um mich „aus dem Stimmungstief zu reißen und die Triebfeder zur engagierten Arbeit wieder zu spannen“ (www.vorgesetzter.de/karriere/persoenlichkeitsentwicklung/motivationstief/). Sieben leichte Schritte.

Ich muss nur das positive sehen und dass das Glas halb voll ist und nicht halb leer. Probleme sollen als Herausforderungen gesehen werden. Langeweile auch? Ich schweife sogleich ab und starte Photoshop. Das halbvolle Glas will visualisiert sein.

Memo an mich selbst: Bei Gelegenheit ein T-Shirt drucken mit folgendem Motiv.

Außerdem soll ich mir realistische Ziele setzen. Es dürfen allerdings keine von außen gesetzten Erwartungen sein, sondern nur meine eigenen, inneren Ziele. Das Ziel ist nach wie vor klar.

Ich muss Abstand nehmen von Perfektionismus. Lieber mal 5 gerade sein lassen und sich auf die eigenen Stärken konzentrieren. Ich räkle mich auf der Gartenliege.

„Tun Sie Gutes und reden Sie darüber: Wenn Sie eine Arbeit gut gemacht haben, dann holen Sie sich Lob und Anerkennung dafür“. Endlich erreiche ich Orell, Geschäftsessen am Tag der Arbeit. Er ist wenig begeistert von meinem Anruf, auch, als ich ihm von dem T-Shirt Motiv erzähle. Dieser Tipp war ein Flop.

Ich muss aus meiner Routine ausbrechen, etwas Neues wagen. Ich gehe zum Kühlschrank und hole mir ein Himbeereis. Nicht Schoko. Hah!

Der letzte Tipp betrifft die Umgestaltung des Arbeitsplatzes. Der soll angenehmer werden. Soll ich jetzt den Garten umgraben? Ich gebe auf, lege das Notebook weg und mache ein kurzes Schläfchen. Frühjahrsmüdigkeit? Pollenallergie?

Später.

Es fängt an zu regnen.

Na Prima.

Dann.

Am Kicker trainiert.