Monatsarchiv: April 2012

Die gute Nachricht!

Auf der Haben-Seite sieht es sehr gut aus, ich versuche, ein bisschen Struktur rein zu bringen.

1. Horizonterweiterung in der Theorie

Sich ein Jahr lang mit verschiedensten Ideen zu beschäftigen erweitert den Horizont ungemein. Im letzten Jahr habe ich Bücher zu verschiedensten Themen gelesen, Erfolgsratgeber, Wirtschaftsbücher, Marketingbücher, medizinische Fachliteratur, Computerliteratur, Literatur zum Thema Grafik, Design, Fotografie, Literatur über die Produktion von Literatur, etc. etc.

Ich lese gerne und empfinde daher natürlich Lesen nicht als Arbeit. Sieht ein Fußballspieler oder einen weltklasse Schifahrer das tägliche Training als Arbeit? Sicher nicht als Arbeit im herkömmlichen Sinne.

Wie wichtig eingehende Recherche ist, wurde spätestens deutlich, als ich das Skelett geschenkt bekam: Ich hätte es für ca. 10 000€ verkaufen können, Recherche brachte allerdings ans Tageslicht, dass der Fall nicht so einfach war, wie es zunächst aussah. Erst die intensive Beschäftigung brachte ans Licht, dass es neben der finanziellen Dimension (immerhin 10 000€) auch noch eine legale Dimension (ist der Handel mit menschlichen Überresten legal?) gibt – geschweige denn eine moralische Dimension.

In Mali wird beim Handel mit menschlichen Überresten übrigens die Todesstrafe verhängt.

2. Horizonterweiterung in der Praxis

Gespräche mit Unternehmern – sozusagen der Übergang zwischen Theorie und Praxis – sind mitunter sehr erhellend. Berichte darüber, wie es in der „freien Wirtschaft“ tatsächlich zu geht, bringen einen sehr schnell auf den Boden der Tatsachen zurück (in meinem Fall, wenn es sich um die Eintragung von Markenrechten handelt und um die Veräußerung/Entwicklung von medizinischen Produkten, die einer finanziell aufwändigen Prüfung stand halten müssen).

Nicht zu vergessen: Einen Roman zu schreiben ist ein Abenteuer (Hotdogs & Hamburger), einen zweiten zu schreiben ein Erlebnis (Jet Stream). Einen Roman zu vermarkten ist schwierig, aber nicht unmöglich.

Viele Menschen, denen ich von meinen beiden Romanen erzähle, sage übrigens irgendetwas in der Art von „Einen Roman schreiben wollte ich auch schon immer mal.“ Warum tun sie es dann nicht?

Ach ja, ein Drehbuch zu schreiben ist auch eine interessante Erfahrung, anders als beim Roman. Die Vermarktung ist noch schwieriger.

Praxis zu guter Letzt: Ich habe – neben der Musik – eine Möglichkeit gefunden, mich selbst auszudrücken. Durch die Fotografie. Netter Nebeneffekt hierbei ist der Verkauf meiner Bilder.

3. Bereicherung der eigenen Biografie

Mit dem konkreten Ziel vor Augen – 1 Jahr, 1 Million, habe ich witzige Sachen erlebt: Der Motivationskongress, diverse Vorstellungsgespräche, das Skelett im Schrank – und dann wieder Ruhephasen wie Frühstück mit Lukas und Kinderbetreuung im Wendehammer.

Und die vielen Bandproben, bei denen es immer genügend Gesprächsstoff gab 🙂

Klares Highlight: Die Vernissage mit Ausstellung

4. das Materielle

Zugegeben, das ursprüngliche Ziel – 1 Million – wurde nicht erreicht. Aber…

In diesem Jahr habe ich geschenkt/sehr günstig bekommen: 1 Schlagzeug, komplett, 1 Digidrum, 1 Skelett, viele, viele Bücher, davor: 1 Großkühlschrank mit Aufdruck „Erdinger Weißbier alkoholfrei“, 4 Kinostühle inkl. Samtüberzug, diverse Flaschen Whisky, Schlagzeugbecken, das ich jedoch wieder zurückgeschickt habe, 1 Hi-Hat, 1 Digitale Spiegelreflexkamera (auf die Vollformatkamera warte ich noch), ich wurde relativ oft relativ gut  zum Essen eingeladen und, schließlich und endlich, ich habe doch eine hübsche Summe durch den Verkauf meiner Bilder eingenommen. Die wird jetzt in einen USA-Urlaub investiert (am 19. April geht’s los).

Was ich mit dem Rest mache?

Entweder ich investiere konventionell in unser Eigenheim… oder ich kaufe mir ein paar der schönen Dinge, die ich anfangs auf meiner Wunschliste hatte.

Den Porsche streiche ich lieber, ich befürchte, da macht Isi nicht mit. Außerdem würde der gar nicht zu mir passen. Das wäre dann nicht authentisch 😉

Fazit: Ein Mittel zur Selbstverwirklichung gefunden (Fotografie/Kunst), das auch noch lukrativ ist. Was will man mehr?!?

Und meine Freunde habe ich immer noch.


Die schlechte Nachricht?

Geld polarisiert, das war von vorne herein klar. Und dass ich polarisiere, wenn ich ein Projekt starte, bei dem ich in einem Jahr eine Million verdienen will, das war auch klar.
Wie stark Geld allerdings polarisiert, das hatte ich erst während der Mission 1 Million herausgefunden: wenn man jemandem erzählt, dass man gerne Reich sein würde dann erntet man Verständnis. Wenn man allerdings jemandem erzählt, dass man in einem Jahr konkret eine Million Euro verdienen wird, dann erntet man nur im besten Fall Unverständnis.

Meistens zieht man sich mit so einer Aussage den Hass und den Ärger anderer zu.

So ist es mir zumindest ergangen. Die meisten Leute, denen ich erzählt habe, dass ich Millionär werde, wurden sogar ziemlich sauer.
Bezüglich der Reaktionen gibt es nur unwesentliche Unterschiede: Während die einen mitleidig lächelten und sofort das Thema wechselten, lachten die anderen laut, weil sie es für einen Scherz hielten und wechselten dann das Thema. Beiden war jedoch eines gemeinsam: Angst. Schreckliche Angst. Die Leute hatten Angst, dass man ihnen etwas wegnehmen könnte, was sie gar nicht haben, im schlimmsten Fall irgendeine Idee, von der sie meinen, dass sie in ihrem Unterbewusstsein schlummert.

Und dann ist da noch der Neid: Das moralisch vorwerfbare, gefühlsmäßige Verübeln der Besserstellung konkreter Anderer (http://de.wikipedia.org/wiki/Neid). Hier: Neid, dass sie selbst nicht die Zeit, den Mut und das Durchhaltevermögen haben, ebenfalls zu probieren, Millionär zu werden.

Auch die Reaktionen in verschiedenen Internet-Foren haben das ganz deutlich gezeigt: „Du arbeitest ja nicht, du liest nur den ganzen Tag“ schrieb da einer und erkannte nicht den Wert fundierter Recherche und geistiger Arbeit. Ebenso wie derjenige, der schrieb „geh mal aufm Bau schaffen, dann siehst du, was Arbeit ist!“

Oder, in einem anderen Forum: „Wir hier arbeiten in der Gastronomie, da wird man nicht reich.“
Postings und Mails dieser Art bekam ich reihenweise: Da wurde mir vorgeworfen, dass ich ja nichts arbeite und trotzdem reich werden will. Wo kämen wir denn da hin, wenn das klappen würde. Frechheit.

Immerhin nahmen sich die Leute Zeit, mir von meinem aussichtslosen Unternehmen abzuraten – zwar nicht aus einem Interesse um mein Wohl, sondern aus der Angst, dass ich es tatsächlich schaffen könnte – und sie nicht.

Tolerante, aufmunternde Mails, offen für die Ideen anderer, bekam ich selten.

Die Teilnahme an Diskussionen in diversen Internet-Foren war gewissermaßen eine Sozialstudie.

Wer herausfinden will, ob jemand ein wahrer Freund ist, kann das ganz einfach ausprobieren, indem er der Testperson erzählt, dass er vorhat, Millionär zu werden. Entsprechend der Reaktion kann man dann getrost ein paar der vermeintlichen Freunde aussortieren, so wie das in den Erfolgsratgebern empfohlen wird („Umgeben Sie sich nur mit Menschen, die Sie inspierieren und die da sind, wo Sie gerne sein wollen“).
Ich habe nur wenige Menschen getroffen, denen ich von meinen Plänen erzählte und die sie gut fanden und mir Glück wünschten. Lukas gehört dazu. Und natürlich Isi, Orell und Mia und Syl.

Fun Fact: Die Erfolgsratgeber meinen, man solle unbedingt anderen von seinen Plänen erzählen, um sich selbst in Zugzwang zu bringen. Wie destruktiv dies sein kann, das schreiben sie nicht. Beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Oder, wie ich finde: Beim Geld fängt die Freundschaft erst an!
Andererseits: Wer meint, dass lose Internet-Bekanntschaften in Diskussionsforen und über Facebook tatsächlich so etwas wie „Freunde“ sind, der sollte seine Begriff von Freundschaft noch einmal gründlich überdenken 😉

Ich bin jedenfalls froh, dass ich keine wirklichen Freund aussortieren musste. Auch wenn sich Lukas hierzu für die Dauer des Projekts freiwillig angeboten hatte (allerdings unter der Bedingung, dass ich ihn wieder in meinen Freundeskreis aufnehme, sobald ich die Million geschafft habe).

Insofern: die schlechte Nachricht für mich, ich habe das ursprüngliche Ziel, 1 Million Euro, nicht erreicht, ist gleichzeitig die gute Nachricht für manch andere: So einfach aus dem Stand schafft man das nicht, sie können jetzt wieder angstfrei leben 😉